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Sprizz – Wie man in Venedig schlechten Wein den Ösis unterjubelt

Sprizz – Wie man in Venedig schlechten Wein den Ösis unterjubelt

Sprizz ist ein Grundnahrungsmittel - zumindest in Venedig. Viele Kneipen haben spezielle Zapfanlagen, um die wichtigsten Zutaten dieses Aperitivo direkt zusammen in das Glas zu spritzen. Doch der Reihe nach.

Sprizz oder Spritz, da gibt es keine eindeutige Schreibweise, ist der venezianische Drink schlechthin. Studenten beginnen ihn bereits morgens zu trinken, meist in kleineren 0,2l Gläsern, mit dazugereichten salzigen Chips. Mittags trinken ihn die Arbeiter als Absacker und abends schlägt dann seine große Stunde, die Venezianer treffen sich in Bars zum Aperitivo, was bedeutet, ein (meist) alkoholisches Getränk zu sich zu nehmen, dazu kleine Häppchen zu essen und mit Freunden und Nachbarn locker zusammen zu stehen und zu quatschen. Meist nimmt man dazu einen Sprizz, der zwischen 2,50 - 3,50 EUR kostet. Wenn ein Buffet dazugehört, auch mal mehr. Davon wird aber auch jeder schon fast satt.

So trinkt man den Sprizz - aber was ist drin? Der Barista in Venedig hat das Mischungsverhältnis im Blut, zum Selbermachen ist die Empfehlung des Herstellers von Aperol perfekt:

  • 4cl Bitter
  • 6cl Prosecco
  • 1 Spriter Soda
  • Eiswürfel, Orangenscheibe
  • Und wer es echt venezianisch machen will: Eine aufgespießte Olive

Ist für dich ein Sprizz gleichbedeutend mit Aperol Sprizz? Vermutlich. Es ist auch der Standard, aber keinesfalls die einzige Möglichkeit, einen Sprizz zu bestellen. Insgesamt 4 Versionen sind weit verbreitet, teilweise aber eher regional:

  • Aperol Sprizz: Der Klassiker. In Italien hat er nur 11% Alkohol, in Deutschland häufig 15%. Als Gründe werden abwechselnd das Pfandrecht oder die Alkoholsteuer genannt. Der Geschmack bildet sich aus den Zutaten Rhabarber, Orangenschalen und Chinin sowie weiteren, teilweise geheimen Kräutern. Die Marke Aperol gehört mittlerweile zum Campari-Konzern.
  • Campari Sprizz: Die bittere Alternative. Wenn dir Aperol zu süß ist, probiere es doch mit Campari aus Mailand. Mit rund 25% Alkohol ist dieser Bitter aber auch deutlich schärfer. Er geht deutlich stärker in die Richtung Kräuterbitter, verzichtet aber ebenfalls nicht auf Rhabarber und Orangenschale. Auch Campari ist chininhaltig.
  • Sprizz Select: Der venezianischste aller Sprizz mit 17,5% Alkohol. Dieser Bitter ist aus Venedig, natürlich ebenfalls mit Rhabarber - aber auch starker Betonung von Wacholder! Der Likör gehört zur Gruppe Montenegro, die auch Kräuterliköre herstellt.
  • Sprizz Cynar*: Eher selten und vor allem in Trieste gibt es auch diese Variante, bei der Cynar, ein Likör auf Artichockenbasis  mit 16,5% Alkohol. Die Marke gehört, natürlich, zu Campari. Es ist die am wenigstens süße Variante und die am gewöhnungsbedürftigste zugleich. Ein Versuch aber alle Mal wert!

Und woher kommt die Idee zum Sprizz? Irgendwie hat es wohl mit den Österreichern zu tun. Vermutlich haben die Venezianer ihn in der jetzigen Form definitiv erfunden, denn nur im Veneto gilt schon seit langer Zeit: Sprizz ist Wein oder Prosecco mit Aperol oder Campari. Fährt man weiter Richtung Osten, nach Udine oder Trieste, so erhält, wer Sprizz bestellt, Wein mit Soda aufgespritzt. Eine Weinschorle. Der Venezianer ist pragmatisch und direkt. Hier heißt es, den Wein so zu verkaufen, wäre während der Zeit der Österreicher in der Stadt entstanden. Den guten Wein trank man weiter selbst, den minderwertigen, geschmacklich schlechteren Wein tischte man Auswärtigen auf, in dieser Zeit vor allem Österreicher. Sie merkten dann die schlechte Weinqualität nicht mehr und orderten fleißig nach. Venezianer sind halt Kaufleute durch und durch! Erst um 1920 wurden dann Aperitivs zugemischt und erfanden den Sprizz, den wir heute kennen.

Wie finde ich hin?

Sprizz kann man guten Gewissens eigentlich überall trinken. Empfehlenswert sind aber folgende Hotspots:

Fondamenta Misericordia
Im Stadtteil Cannaregio gelegen am langgezogenen Kanal mit schönen Sonnenuntergängen und vielen Einheimischen.
GPS 45.445044, 12.330262

Rialto Mercato
Wenn abends die Marktstände schließen und die Tagestouristen weg sind, wird es hier laut und quirlig.
GPS: 45.439067, 12.335083

Campo Santa Margherita
Großer Platz im Herzen des Studentenviertels.
GPS: 45.434243, 12.323619

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Zusammengefasst: In Deutschland ein Cocktail, in Venedig ein Grundnahrungsmitel: Sprizz. Lerne die Besonderheiten kennen und welche Variationen es gibt.
Wer dann Hunger verspürt, der kann in Venedig auch die weltbeste Pizza essen.

Posted by in Italien, Venedig
Korfu – Sissi und die Kumquat

Korfu – Sissi und die Kumquat

Korfu
Kumquat - die kleine süße Frucht
Korfu Stadt
GPS 39.623743, 19.924794
Öffnungszeiten: Rund um die Uhr

Ob Korfu wirklich die schönste Insel Griechenlands ist, solltest du am besten selbst beurteilen und die grüne Insel besuchen. So, wie es auch Sissi, Kaiserin Österreichs während ihres Lebens regelmäßig tat. Sie verliebte sich so sehr in die Insel, dass sie sogar einen eigenen Palast dort bauen ließ, das Achilleion. Doch dazu später mehr.

Das Achilleion - der Sommerpalast Sissis, von außen in seiner schönsten Pracht

Denn es gibt noch etwas sehr spezielles auf Korfu: Die kleine Frucht Kumquat. Sie wächst wahrscheinlich nirgendwo sonst in Europa auf sovielen Flächen nah beieinander. Die Kumquat braucht sehr viel Wärme und Sonne, außerdem ein gewisses Maß an Niederschlägen. Ideale Bedingungen also auf Korfu. Seit den 1920er Jahren gibt es die kleine Südfrucht, die ursprünglich aus Asien kommt auf Korfu. Der Geschichte nach brachte sie ein englischer Gärtner auf die Insel, um sie von hier in das britische Königreich zu exportieren. Eine gute Entscheidung! Heute ist die Kumquat von Korfu nicht mehr wegzudenken - und man kann so viele leckere Sachen daraus machen! Sie sieht aus wie eine zu kleingeratene Mandarine, rund 2-3 cm groß, schmeckt dafür aber viel süßer. Die Plantagen liefern die Frucht, die dann von vielen, meist kleineren Familienbetrieben verarbeitet werden. Typische Produkte sind Marmelade, eingelegt Früchte und Liköre. Doch auch allerlei Pflegemittel von Bodylotion über Handcreme bis hin zu Lippenpflege sind erhältlich. Auch kennt man die getrockneten, kandierten Früchte zusätzlich mit Schokolade überzogen. Eine Köstlichkeit zum Nachtisch!
Die meisten Touristen sehen von der Kumquat nicht viel. Sie wird vor allem in den Ebenen des Inselnordens angebaut und bekommt ihre typische orangene Färbung erst nach Ende der Saison. Ihre Ernte findet zwischen Weihnachten und Ende Februar statt. Das ist aber auch praktisch: So sind alle Produkte, die aus der Kumquat produziert werden, im touristischen Sommer fertig und stehen im Regal zum Verkauf bereit.

Für den Likör, das typischste Produkt aus Korfu, wird zunächst ein beliebiges Grunddestilat benötigt. Aus den Schalen ausgelöste Bitter- und Farbstoffe, weitere Aromen und auch ganz viel Süße gelangen dann im weiteren Destillationsprozess wieder in das Produkt hinein, das vergleichbar mit Limoncello ist. Anders als sein meist italienischer Bruder ist Kumquatlikör aber schon beinahe Zuckerwasser - im positiven Sinne. Köstlich klebt der Likör am Gaumen und ermöglicht den Urlaubern, den Sommer bis tief in den mitteleuropäischen Winter immer wieder auf der Zunge zu schmecken.

Wer Korfu bereist, sollte sich aufmachen, die Produktionsstätten zu besuchen. Während die meisten Plantagen vor allem in den Ebenen im Norden der Insel zu finden sind, die sich im Sommer richtig aufheizen und sonnenverwöhnt die Früchte reifen lassen, gibt es einige der bekanntesten Produzenten direkt in der Inselmitte zu besuchen und ihre Produkte können dort direkt vom Erzeuger gekauft werden. Preislich sparst du nichts, aber du kannst vieles probieren! Die Öffnungszeiten sind typisch griechisch. Eigentlich jeden Tag, eigentlich von morgens bis abends. Das aber ist relativ dehnbar. Der Abend kann früher oder später beginnen. Und wann so ganz genau die Saison endet, ist auch nicht wirklich klar. Einfach vorbei fahren und gucken, ob die Geschäfte offen haben. Es gibt nicht nur diverse Liköre zu probieren und zu kaufen, sondern auch Marmelade, ganze, in Zuckerwasser eingelegte Kumquat und selbst Kosmetik!

Mavromatis
Corfu Distillery A. & G. Mavrommatis O.E.
Felekas, 490 83, Korfu, Griechenland
GPS 39.677686, 19.782304

Direkt beieinander liegen Vassilakis und Vassilakis. Es ist nicht ganz klar, wer zuerst da war. Wer sich von wem abgespalten hat. Irgendwie ist man wohl familiär verbandelt, aber doch wieder ganz klar getrennt.

T. Vassilakis & Sons
Schreibt sich mit doppeltem S, die Website ist aber nur mit einem S. Sieht älter aus, hat den interessanteren Show-Room. Scheint, wenn die Etiketten stimmen, der jüngere Vassilakis zu sein.
Ag. Ioannis, 491 00, Korfu, Griechenland
https://kumquatvasilakis.gr/en/
GPS 39.613747, 19.846073

Der Vassilakis Verkaufs- und Verköstigungsraum.

Cava Vassilakis
Nur ein relativ unscheinbares Haus mit einem recht sterilem Verkaufsraum - aber vermutlich der ältere Vassilakis. Sehr großzügige Verkostung mit den etwas höhenwertiger anmutenden Verpackungen und Flaschen.
Ag. Ioannis, 491 00, Korfu, Griechenland
GPS 39.612742, 19.846585

Falls du den Likör jetzt gleich probieren willst, kannst du ihn im Korfu Shop bestellen.

Jetzt muss aber noch das Geheimnis gelüftet werden, was Sissi von der Kumquat gehalten hat. Sissi war zwar regelmäßig auf Korfu. Doch sie starb bedauerlicherweise lange, bevor die Kumquat die Insel erobert hat, nämlich 1898.

Außenansicht des Achilleion, dem Palast Sissis auf Korfu.

Das herrschaftlich anmutende Treppenhaus des Achilleion.

Wie finde ich hin?

Mavromatis
GPS 39.677686, 19.782304

T. Vassilakis & Sons
GPS 39.613747, 19.846073

Cava Vassilakis
GPS 39.612742, 19.846585

Achelleion - Sissis Sommerresidenz
GPS 39.562345, 19.904099

Werbung:

Zusammengefasst: Kumquat ist eine kleine Mandarine, so könnte man das sagen. Und man kann viel daraus machen. Man findet die leckeren Produkte aus der Zitrusfrucht direkt bei den Produzenten im Verkauf. Auch Kaiserin Sissi liebte die Insel - die Besichtigung ihres Sommersitzes, dem Achilleion, ist für viele Touristen ein Urlaubshighlight.

Posted by in Griechenland, Korfu